Freitag, 5. Juni 1840

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Arminio 

Seit Mittwoch hatte Arminio die Gegend rund um die Edelsteinvorkommen abgesucht, in denen er Lorelia vermutete. Immer wieder wechselte er in seine magische Sicht und verglich das Wärmebild jedes Menschen in den umliegenden Kilometern mit der Gesuchten. Er prägte sich sämtliche Männer ein, die in den Minen arbeiteten, und die Frauen, die an einem Feuer Essen kochten, selten Kinder, die spielten. Mit der Zeit kannte er auch die Routen und Verstecke der Wachleute.

Freitagnachmittag schaute Arminio auf seine Taschenuhr und brummte frustriert. Nicht die kleinste Spur von Lorelia hatte er gefunden. In seiner Heimat würde bald die Sonne untergehen. Magisch sah er sich ein letztes Mal um. Wenigstens ein Erfolgserlebnis wollte er in dieser Woche genießen. Daher beschloss er, nach Sizilien zurückzukehren, um sich eine Eroberung für die Nacht zu suchen.

 Die Sterne leuchteten am Himmel und wild flackerten die Flammen der Laternen in der Meeresbrise. Arminio saß nackt in einem Korbsessel auf der Terrasse seiner Attika-Wohnung in Catania. Rot glühte seine Zigarre, und es knisterte leise, als er daran sog. Dies war seine eigene Art, eine erfolgreiche Eroberung zu feiern. Die junge Frau, die er in der Altstadt kennengelernt hatte, schlief erschöpft und befriedigt in seinem Gästebett. Er würde sie zurückbringen, sobald sie wieder stehen konnte. Es war für ihn undenkbar, neben einer Gespielin einzuschlafen, noch weniger wollte er sie in seinem Schlafzimmer haben.

Der Rauch in seinem Mund schmecke schal. Er blies ihn aus und seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er die Zähne zusammenbiss. Die Lichter des Hafens nahm er kaum noch wahr, als er den Arm sinken ließ. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Die Möglichkeit, mit Lorelia telepathisch in Verbindung zu treten, schloss er weiterhin aus. Egal, was er sagte, sie würde ihm kaum glauben. Niemals würde er sich die Blöße geben und zugeben, dass ein Auftrag für ihn unlösbar war. Er schätzte die Situation für Lorelia auch nicht so gefährlich ein, dass er Glandera oder Ferron um Hilfe bitten wollte. Also musste er sie finden. Wenn sich die Erdmagierin in einer der Höhlen versteckte, bliebe jedoch durch den tiefen Felsen ihre Hauttemperatur für ihn verborgen. So würde das niemals klappen. Mit seiner linken Hand griff er nach dem Glas Wein. Aufzugeben ist keine Option, schalt er sich. Selbst in den römischen Katakomben habe ich Schurken gejagt. Das war sein bisher schwierigster Auftrag gewesen, allerdings verfügten diese nicht über magische Kräfte.

Arminio nahm einen großen Schluck. Der rauchige Geschmack des Tabaks vermischte sich mit der fruchtigen Note des Weins und er realisierte, dass er etwas Stärkeres zu Trinken brauchte. Doch er würde nicht zum Sambuca greifen, bevor er seine Eroberung nach Hause gebracht hatte. Gedankenversunken starrte er in das Glas.

Das Problem war, dass sich Lorelia innerhalb eines Augenblicks mit einem Portal ans andere Ende der Welt befördern konnte. Sein Bauchgefühl sagte ihm jedoch, dass sie noch immer im Minas Gerais verweilte. Sie hatte sich bewusst aus dem Einflussbereich ihres Vaters entzogen. Bedächtig strich er die Asche des Tabaks an dem Becher ab. Wie konnte er den Charakterzug, dass sie sich in vermeintlicher Sicherheit wog, zu seinem Vorteil nutzen?

Arminio sog an seiner Zigarre und blies Kreise in die Luft, während sich das Aroma allmählich in seinem Mund entfaltete. Langsam schloss er die Lider und genoss bewusst den Geschmack.

Ob es sinnvoll wäre, tagelang an einem Ort im Wald zu verharren, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen? Sie war erst Gesellin und ihre Magie reichte vielleicht noch gar nicht über die notwendige Distanz, um ihn zu erspüren. Genauso gut konnte sie auf einem anderen Kontinent und seine Suche eine reine Zeitverschwendung sein. Verdammt.

Wieder sog er an der Zigarre und ein kurzer magischer Impuls genügte, damit das wohlriechende Feuer in seiner Hand erlosch – jedoch nicht sein Jagdtrieb. Bis auf das sonntägliche Abendessen bei la famiglia würde er auch am Wochenende weiterarbeiten.

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